Neue Verfassung für Mexiko-Stadt. Herausforderungen für linke Kräfte
Jana Floerchinger
Mexiko-Stadt. „Dies ist sehr wichtiger Moment, um eine würdevolle Verfassung zu verabschieden“, erklärt Miguel Concha, Leiter des Menschenrechtszentrums Fray Vitoria auf der Podiumsdiskussion, zu der das Regionalbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Mexiko-Stadt eingeladen hat. Ziel der Veranstaltung war es, Perspektiven linker Bewegungen im Kontext der neuen Konstitution der mexikanischen Hauptstadt zu analysieren. “Trotzdem muss man mögliche Gegenreformen im Auge behalten, um Rückschritte im Arbeitsrecht und weitere Privatisierungen zu verhindern“, mahnte ein Teilnehmer aus dem Publikum.
Aufgrund von Reformen auf nationaler Ebene soll noch in diesem Jahr eine neue Verfassung für die mexikanische Hauptstadt verabschiedet werden. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion betonten, dass im Zuge dieser Veränderungen nun die einmalige Möglichkeit bestünde, linke Perspektiven in die neue Verfassung einfließen zu lassen. Dafür sei es allerdings unabdingbar, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt in den Prozess einzubinden und zu informieren, erklärte Miguel Concha, Leiter des Menschenrechtszentrums Fray Vitoria. Ziel sei es, die derzeit konservativ und liberal geprägte Verfassung abzulösen, um Raum für progressive Kräfte zu schaffen. Durch eine Anerkennung komplexer Gesellschaftsstrukturen sollen auch die Bedürfnisse marginalisierter Gruppen und deren Schutz eingeschlossen werden, forderte Concha.
Orfe Castillo, Feministin und Repräsentantin der Organisation Jass Mesoamerica, kritisierte zunächst, dass der Prozess um die neue Verfassung überaus undemokratisch verlief und forderte eine Öffnung der Debatte für kritische und feministische Perspektiven. „Die rege Teilnahme seitens der Bürger an jenen Prozessen können als Schlag gegen die PRD [Partei der Demokratischen Revolution] in den letzten Jahren gewertet werden. Der Prozess dieser Verfassung ist sehr wichtig und es ist bedauerlich, dass sich nicht weitere unabhängige Kandidaten haben aufstellen lassen, trotz hoher Aktivität seitens der Bürgerschaft“, betonte Castillo, die selbst als freie Kandidatin für die Verfassungsgebende Versammlung antritt.
Während sich Castillo und Concha für eine hohe Teilnahme der Bürgerschaft einsetzten, um die Entscheidungen nicht allein der aktuellen Regierung zu überlassen, kritisieren weitere Vertreter ebenfalls linker Bewegungen den verfassungsgebenden Prozess hingegen als grundsätzlich illegitim. Da keine demokratische Partizipation aller sozialer Gruppen an der Konstitution der neuen Verfassung garantiert würde, mache es keinen Unterschied, ob Bürgerinnen und Bürger einen Teil der Versammlung wählen können oder nicht, so die Kritik.
Am kommenden 5. Juni wählt die Bevölkerung von Mexiko-Stadt die einen Teil der Mitglieder jener Versammlung, die ab Mitte September beginnt über die neue Verfassung zu debattieren und bis Anfang 2017 sodann verabschiedet werden soll. Die aktuell gültige Verfassung wurde bereits 1917 verabschiedet und wird nun erstmals neu konstituiert.